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Olaf Nicolai und Douglas Gordon

Monument for a Forgotten Future

Gelsenkirchen

Andreas Ren, Bochum © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Am Wegesrand, nahe der Schleuse in Gelsenkirchen, auf der sogenannten »Wilden Insel«, ragt ein Felsen aus dem umgebenden Grün empor. Dem unbedarften Spaziergänger mag sich nicht augenblicklich erschließen, dass es sich dabei um ein Kunstwerk handelt. Dieser Findling sieht aus, als hätte ihn ein findiger Landschaftsgärtner an dieser Stelle platziert, um die Wegstrecke entlang der Emscher zu gestalten und einen Beitrag zur Renaturierung zu leisten.
Eine geologische Gesteinsanalyse erübrigt sich. Dieser Stein ist eine maßstabsgetreue Replik einer Felsformation aus dem Joshua Tree Nationalpark nahe Los Angeles. Nur derjenige, der die Kopie als solche erkennt, wird nach dem Bezug zum Original fragen. Die Künstler Olaf Nicolai und Douglas Gordon konstruierten ein Stahlskelett, das auf einer rund 150 Quadratmeter großen Grundfläche 123 Tonnen Beton trägt. Die Konstruktion hat eine Betonhülle. Aus dem Inneren des Berges erklang während der ersten Monate der Ausstellung EMSCHERKUNST.2010 eine Sinfonie der schottischen Post-Rock-Band Mogwai und gab damit einen Hinweis auf die Künstlichkeit des Berges. Anstelle einer romantischen Idealisierung der Natur entstand ein Ambiente für die aktuelle Popkultur. Durch die scheinbare Identität von Natur und Kunst wird das mimetische Potenzial von Kunst, ein ideales Abbild der Natur zu schaffen ad absurdum geführt. »Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit«, wie es Walter Benjamin beschrieb
, wird dabei über die Sphäre menschlicher Kultur hinaus erweitert. Dabei ist die Aura des Gelsenkirchener Felsens ein Surrogat der Erhabenheit des natürlichen Felsens. Sobald das Gemacht-Sein des Kunstwerks bewusst wird, verweist dieses als Zitat auf ein Abwesendes. Der Kunstfelsen entlarvt somit nicht nur sich selbst als Schein, sondern stellt auch die Natürlichkeit der aktuellen Renaturierung der Emscher infrage. Im Titel Monument for a Forgotten Future klingt ein Paradoxon an. Als Monument idealisiert das Kunstwerk eine Zukunft, die bereits vergessen wurde. Die Anlage der Skulptur als präzise kalkuliertes Paradoxon steht für die Widersprüchlichkeit unseres Umgangs mit der Natur. In seinem Mangel an Eindeutigkeit liegt das utopische Potenzial des Kunstwerks, seine Verweiskraft auf die Schaffung möglicher Welten. Nicolai und Gordon inszenieren die »Wilde Insel« als eine Utopie, die an Thomas Morus erinnert. An dem Fluss, der noch vor Kurzem ein Abwasserkanal war, entsteht ein Sinnbild für den Wandel von der Industrie- zur Kultur- und Naturlandschaft. Am Ort selbst, auf der »Wilden Insel«, lädt der Felsen zum Klettern ein und spendet Schatten – welch schöne Utopie.

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