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21 x 21. DIE RUHRKUNSTMUSEEN AUF DEM HÜGEL
Ausstellungseröffnung in der Villa Hügel
Die 21 RuhrKunstMuseen stehen für eine in Europa einzigartige urbane Museumslandschaft und präsentieren jährlich über 150 Kunstausstellungen auf 45.000 Quadratmetern in 16 Städten des Ruhrgebiets. Das im Rahmen von RUHR.2010 – Kulturhauptstadt Europas gegründete Netzwerk realisiert anlässlich seines 15- ährigen Bestehens im Frühjahr 2025 ein groß angelegtes Ausstellungsprojekt, das die Sammlungen der RuhrKunstMuseen in einer gemeinsamen Schau in der Villa Hügel in Essen zusammenführt: Herausragende Werke der vielfältigen Sammlungen treten hier in einen so überraschenden wie inspirierenden Dialog – zusammengestellt wird die Sonderausstellung komplett aus den hochkarätigen Kunstbeständen der Museen der Region.
Die Sammlungen der RuhrKunstMuseen reichen von Meisterwerken der Moderne bis zu bedeutenden Positionen der Gegenwartskunst und umfassen wichtige nationale und internationale Kunstströmungen des 20. und 21. Jahrhunderts, wie den Expressionismus, die Neue Sachlichkeit sowie die Nachkriegskunst mit Informel, Konkreter Kunst, Zero und Fluxus und der feministischen Avantgarde.
Der durch die Industrialisierung in Gang gesetzte wirtschaftliche Aufschwung vieler Städte im frühen
20. Jahrhundert und das vielerorts anzutreffende bürgerliche Engagement von Stiftern, Mäzenen und
Arbeitnehmern, aber auch eine neue demokratische Aufbruchstimmung in der Nachkriegszeit mit
zahlreichen Neugründungen von Museen und Universitäten prägen bis heute das kulturelle Selbstverständnis der Region und bilden die Voraussetzungen für eine seit mehr als 100 Jahren dynamisch
wachsende, reiche Museumslandschaft mit einmaligem Charakter. Industriekultur und Kunstgeschichte
gehen hier Hand in Hand.
SONDERAUSSTELLUNG „21 x 21“
Mit der Ausstellung „21 x 21. Die RuhrKunstMuseen auf dem Hügel“ wird ein neues Kapitel aufgeschlagen: Erstmals tragen alle Häuser des Netzwerks ausgewählte Highlights ihrer Sammlungen zu einer
gemeinsamen Ausstellung in der Villa Hügel in Essen zusammen. Das Konzept der groß angelegten
Schau besteht in einem Dialog von Arbeiten aus den unterschiedlichen Sammlungen in zehn spielerischassoziativen Themenräumen. In der Gemeinschaftsschau sind nahezu alle künstlerischen Gattungen von
Malerei, Fotografie, Grafik, Skulptur bis hin zu Multimedia-Installationen vertreten. Die Bandbreite reicht
von Werken der Klassischen Moderne bis hin zu Positionen der unmittelbaren Gegenwart. International
renommierte Künstler*innen treffen auf regionale Positionen und Künstlergruppen, die eng mit dem
Ruhrgebiet verbunden sind. Die Ausstellung ist vom 11. April bis zum 27. Juli 2025 zu sehen und bietet
die einmalige Chance, sich ein umfassendes Bild von den Museumssammlungen des Ruhrgebiets
zu machen.
DIE VILLA HÜGEL
Die Sonderausstellung „21 x 21“ wird in der geschichtsträchtigen Villa Hügel im Essener Stadtteil
Bredeney gezeigt. Eigentümerin der denkmalgeschützten Villa und des angrenzenden 40 Hektar großen Parks ist die gemeinnützige Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung. Mit ihrem
Engagement sorgt die Stiftung nicht nur für den Erhalt und die Pflege des Areals, sondern gestaltet
es auch als lebendigen Ort der Begegnung für Besucher*innen.
Die Villa Hügel wurde von 1870 bis 1873 als Wohnhaus für die Industriellenfamilie Krupp errichtet und
von vier Generationen bewohnt. 1953 öffnete sie mit einer ersten Kunststellung ihre Türen für die Öffentlichkeit. Dies war der Start für eine bis heute andauernde Ausstellungstradition. Ausstellungen wie etwa
2002 „Sinn und Sinnlichkeit. Das Flämische Stillleben 1550-1680“, 2016 „Katharina Fritsch“ und 2018
„Josef Albers. Interaction“ zogen ein überregionales Publikum an und schrieben Erfolgsgeschichte,
an die die Ausstellung „21 x 21“ anknüpft, die von der Krupp-Stiftung substanziell gefördert wird.
Mit ihren 399 Räumen und einer Fläche von über 11.000 Quadratmetern ist die Villa Hügel nicht nur ein
bedeutendes Industriedenkmal, sondern auch ein Ort, der die deutsche Geschichte auf einzigartige
Weise widerspiegelt. Sie bietet den beteiligten Museen und ausgestellten Werken einen eindrucksvollen
historischen Rahmen, um die industriekulturellen und kunsthistorischen Verflechtungen der Region
erlebbar zu machen.
IMPULSWERKE ALS AUSGANGSPUNKT –
IN THEMENRÄUMEN DIE SAMMLUNGEN ENTDECKEN
Das Besondere an der Ausstellung: Jedes der 21 Museen präsentiert sich und seinen Sammlungsschwerpunkt anhand eines sogenannten Impulswerkes, auf das die Partnermuseen mit Arbeiten aus
ihren eigenen Sammlungen reagieren. Ausgewählt wurden dafür markante Einzelwerke, die in besonderer Weise die Stärken und die Ausrichtung der einzelnen Häuser widerspiegeln.
So präsentiert sich das Duisburger Lehmbruck Museum – Zentrum Internationaler Skulptur mit der
Plastik Große Sinnende (1913) von Wilhelm Lehmbruck und rückt das „Bild der Frau“ in den Blick. Die
im Frühjahr 1914 im Pariser Salon des Artistes Indépendants erstmals ausgestellte Arbeit gilt als ein
Schlüsselwerk expressiver Bildhauerei. Sie zeigt den überlebensgroßen Akt einer selbstbewussten
jungen Frau ihrer Zeit. Ihr an die Seite gestellt wird ein Gemälde von Lehmbrucks Zeitgenossin Paula
Modersohn-Becker aus dem Märkischen Museum in Witten. Mit einem großformatigen Frauen-Doppelportrait von Gerhard Richter aus den 1960er-Jahren (Ludwiggalerie Schloss Oberhausen) führt der
thematische Streifzug durch das 20. und 21. Jahrhundert weiter bis zu neueren, stärker feministisch
geprägten Arbeiten wie einem Herdbild von Rosemarie Trockel aus den 1990er-Jahren (Museum
Küppersmühle, Duisburg) oder dem Gemälde The Potential of Being (2017) der amerikanischen
Malerin und Performancekünstlerin Eliza Douglas (Museum Folkwang, Essen).
INDUSTRIELLES ERBE DES RUHRGEBIETS
Einen weiteren Schwerpunkt der Ausstellung bilden Arbeiten, die sich mit dem industriellen Erbe und
der Geschichte des Steinkohlenbergbaus im Ruhrgebiet auseinandersetzen. Internationale und regionale Positionen, klassische Medien und multimediale Erfahrungsräume gehen hier eine produktive
Verbindung ein. Dazu zählt die Fotoserie des Deutsch-Amerikaners Michael Wolf (1954–2019) über
Die Lebensbedingungen einer Bergmannssiedlung am Beispiel von Bottrop-Ebel ebenso wie die
6-Kanal-Klanginstallation mono / industriell von Denise Ritter. Die Dortmunder Künstlerin hat auf der
Zeche Prosper-Haniel kurz vor deren Schließung noch einmal die typischen Industriegeräusche eingefangen, die den Arbeitsalltag der Bergleute jahrzehntelang prägten. Ihre Soundinstallation geht in der
Ausstellung einen Dialog mit Positionen der Abstraktion ein, wie den Werken des in Bottrop geborenen,
international einflussreichen Künstlers Josef Albers.
THEMENRAUM LANDSCHAFT
In einem anderen Themenraum werden alpine Landschaften von Ernst Ludwig Kirchner, Alexej von
Jawlensky oder Gabriele Münter mit Impressionen aus dem Ruhrgebiet in einen Dialog gesetzt. So
zum Beispiel mit einer aus der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen stammenden Schwarz-Weiß-Aufnahme des bekannten Ruhrgebietsfotografen Rudolf Holtappel aus dem Jahr 1962, die eine Schneelandschaft bei Gelsenkirchen zeigt. Im Hintergrund sind qualmende Schlote zu sehen. Passend dazu ist die großformatige Fotografie Coal Seam, Bergwerk Prosper-Haniel 4 des kanadisch-amerikanischen Becher-Schülers Miles Coolidge aus dem Josef Albers Museum Bottrop Quadrat zu sehen.
GESELLSCHAFTSKRITIK UND POLITISCHE ARBEITEN
Gesellschaftlicher Wandel rückt in dem Themenraum „Umbrüche“ stärker in den Blick. Impulswerk ist
hier die Arbeit Ohne Titel (Stahltisch) des Beuys-Schülers Anatol (1931–2019). Dabei handelt es sich
um das Relikt einer legendären Aktion, die im Dezember 1968 in der Düsseldorfer Künstlerkneipe
Cream Cheese stattfand. Drei sogenannte Sprecher waren mit ihren Handgelenken an einen Stahltisch
geschnallt. Anatol forderte sie mit ferngesteuerten Lichtsignalen abwechselnd zum Sprechen beziehungsweise zum Schweigen auf. Kombiniert wird diese aus dem Museum Ostwall in Dortmund stammende Arbeit mit Martin Kippenbergers Gemälde We don’t have problems with disco door-waiters, if
they don’t let us in, we don’t let them out von 1986 aus dem Museum Folkwang in Essen. Mit Arbeiten
von Emil Schumacher, Werner Gilles und Erich Mueller Kraus wird hier zudem auf die Zeit unmittelbar
nach Ende des Zweiten Weltkriegs zurückgeblickt.
DIE DYNAMIK VON BEWEGUNG IN RAUM UND ZEIT
Im Themenraum „Dynamik“ werden Aspekte der Mobilität und das dichte Straßen- und Autobahnnetz
im Ruhrgebiet durch eine ganze Reihe von Arbeiten ins Gedächtnis gerufen. So wird u. a. Hans-Christian
Schinks Fotografie einer großen Autobahnbrücke aus dem Museum Küppersmühle in Duisburg der
Installation Zeit ist keine Autobahn – Basel (2011) von Michael Sailstorfer aus der Kunsthalle Recklinghausen gegenübergestellt. Ein auf einer Wandfläche rotierender Autoreifen hinterlässt einen stetig
anwachsenden Haufen Gummiabrieb. Eine Fotografie von Spuren im Schnee von Anton Stankowski
aus den 1930er-Jahren aus der Sammlung der Ruhr-Universität Bochum und eine Lithographie von
Katharina Grosse mit übereinander gelagerten, gestischen Farbapplikationen aus dem Kunstmuseum
Mülheim ergänzen die dialogische Zusammenstellung. Vorstellungen von Vergänglichkeit und Beständigkeit, Mobilität und Stillstand treten hier in einen spannungsvollen Dialog.
SCHAUFENSTER AUF DIE KONSUMKULTUR
Die Entwicklung des Konsumverhaltens vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart wird im
Themenraum „Kauflust“ thematisiert. Zwei Gemälde von August Macke, Helle Frauen vor Hutladen (1913)
aus dem Osthaus Museum in Hagen und Modes: Frau mit Sonnenschirm vor Hutladen (1914) aus dem
Museum Folkwang in Essen zeigen Passantinnen beim Betrachten von Auslagen der Warenhäuser und
sind frühe Zeugnisse der aufblühenden Konsumkultur. Kombiniert werden die beiden Werke u. a. mit
zeitgenössischen Fotografien von Gudrun Kemsa aus der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen, deren
Serien Apple Store I und Apple Store II (2013) Menschen zeigen, die sich in den Glasfassaden heutiger
Innenstädte spiegeln. Fotografien von Dietmar Riemann und Tata Ronkholz fangen die Einkaufswelten
der 1980er-Jahre ein und folgen dem Blick des Flaneurs durch die Schaufenster. Ergänzt wird der Raum
durch drei „Horten-Waben“ aus dem Gustav-Lübcke-Museum in Hamm, keramische Fliesen nach einem
Entwurf von Egon Eiermann, die bis Ende der 1970er-Jahre als Fassadenschmuck alle Filialen der Kaufhauskette Horten zierten und über Jahrzehnte das Bild deutscher Innenstädte prägten.
SPRUNGBRETT FÜR EIGENE ENTDECKUNGEN
Das Publikum hat bei „21 x 21“ nicht nur die einmalige Chance, ein facettenreiches Zusammenspiel der
21 Museumssammlungen zu erleben. Die Sonderausstellung in der Villa Hügel bietet auch einen idealen
Einstieg, die einzigartige Museumslandschaft zwischen Rhein, Ruhr, Emscher und Lippe auf eigene
Initiative weiter zu entdecken und die einzelnen Häuser zu erkunden.
Auf ins Ruhrgebiet also. Ob mit dem Auto oder mit Bus und Bahn, per Fahrrad oder zu Fuß entlang der
vielen Wanderwege: Wer die 21 Museen erkunden will, braucht Ausdauer. Doch die Entdeckerfreude
wird belohnt. Der abendliche Blick auf den Tetraeder in Bottrop oder die begehbare Achterbahn „Tiger
& Turtle“ in Duisburg bei Sonnenuntergang runden die Museumstour ab.
SAMMLUNGSGESCHICHTE AUCH IN DIGITALER FORM
Ergänzend zur Ausstellung wird die Bandbreite der Sammlungen der 21 RuhrKunstMuseen digital noch
umfassender präsentiert. Die digitale Web-App www.21x21.de mit rund 400 Kunstwerken ist bereits seit
dem 7. November 2024 online. Hier finden die Nutzer*innen auch das digitale „Museumsmatch“, das die
persönlichen Vorlieben auf spielerische Weise mit den Sammlungen der 21 Kunstmuseen abgleicht. Das
digitale Projekt war die Initialzündung für die Ausstellung in der Villa Hügel und wird ebenfalls von der
Krupp-Stiftung gefördert